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2016 – Es lebe die Verunsicherung

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2016 ist ein Jahr über das ich nicht sprechen kann, ohne jemanden zu beleidigen. Ist mir schon ein paar mal gelungen, in diesem taufrischen 2017. Aber Sorry hey – es war nicht alles schlecht. Nur das Meiste.

Disclaimer: Dieser Artikel stammt aus der Vermont‘schen Reihe: „Privat von der Leber gelabert Deluxe“. Also kontrovers anmutende Aussagen bitte nicht auf die Goldwage legen.

Der Grund dafür ist, dass ich Verunsicherung hasse. Ich will gefälligst wissen was ich tue und auch für welches höhere Ziel. Das höhere Ziel kann einem egal sein, wenn man glücklich sein will – für mich aber gehört es dazu. Ich hab mir fest vorgenommen hier was zu verändern, als ich in diesen Menschenanzug geschlüpft bin. Und kein Jahr hat mich so verunsichert wie dieses.

Töchterleins sechster Geburtstag. Im Schnee mit warmen Punsch.

Töchterleins sechster Geburtstag. Im Schnee mit warmen Punsch.

Die Tage in 2016 waren geprägt von Existenzängsten. Meinen und denen meiner Partnerin. Oft nur ihren, weil ich Zuversicht und Vertrauen ausstrahlen wollte – was damit endete, dass ich mich gegen Ende des Jahres in einen Clown verwandelt habe. Das mit dem Clown ist aber eine andere Geschichte. Wer schon mal von der bitteren Frucht der Existenzangst gekostet hat, der weiß wie es mir gerade geht. Wer sie noch nicht gekostet hat, dem will ich an dieser Stelle das Gejammere ersparen.

Meine allererste Zeitschrift! Druckfrisch, das Ergebnis von anderthalb Jahren Planung.

Meine allererste Zeitschrift! Druckfrisch, das Ergebnis von anderthalb Jahren Planung.

Alles was in meinem Familienleben schon vor meiner Selbstständigkeit schwierig war, wurde noch schwieriger. Ich habe ja schon im letzten Jahresrückblick geschrieben, dass der Kessel, mein derzeit einziges Produkt, nicht so weit umgesetzt ist, wie es laut Zeitplan sein sollte. Kurz darauf kam es noch schlimmer, gleich am Anfang des Jahres nach der Drucklegung der ersten Ausgabe:

Fotoshooting mit meiner Partnerin am Stadl gegenüber. Es wurde viel gegrinst ...

Fotoshooting mit meiner Partnerin am Stadl gegenüber. Es wurde viel gegrinst …

Ein für mich und das Projekt wichtiger Mensch wirft das Handtuch. Die Arbeit mit mir sei zu viel Druck für zu wenig Geld. Viel konnte ich mich da nicht über meine erste Zeitschrift in meinem Leben freuen. Von da an geht auch die Schere zwischen dem was geleistet werden sollte und dem was ich leisten kann kontinuierlich auseinander.

Vielleicht hätte ich mir in der Vorbereitung drei Monate mehr Zeit lassen sollen. Das Projekt mehr reifen lassen. Vielleicht mehr reflektieren. Der oben angesprochene Druck kam auch nicht von ungefähr: Ein Jahr war ich schon Arbeitslos… Ich war voller Vorfreude… Sooo dick war der Bussinessplan und ich wollte das Ding endlich in Action sehen – prüfen, steuern, schauen was passiert. Geduld war und ist nicht meine Stärke. Buchhaltung, Konten, Mediadaten, Preislisten, Promomappe, Website, Datenschutz, AGBs, Autoren und Künstler finden, Marketingstrategien erarbeiten, Kalkulationen, Angebote und Visitenkarten müssen auch noch her … Dazu dort noch einen Kurs besuchen, einen Workshop in Unternehmertum … Zahnarzt und Friseur müssen auch noch sein. Verdammt, ich wollte einfach nur loslegen.

Ach hätte ich doch …

Einen Satz den ich mindestens genauso hasse wie die Verunsicherung in meinem Leben. Da ist mir ein Kindergeburtstag wesentlich lieber. Aber damit verdient man kein Geld – es sei denn, man ist Clown. Ha! Da ist er wieder.

Egal, ich wollte starten. Hab vorm Startschuss eins in den Magen geboxt bekommen und taumelte dann in die absolut Spaß befreite Welt des Unternehmertums. Denn sobald man was verkaufen will, wissen auf einmal alle potentielle Kunden besser Bescheid über Deine Geschäftsidee als du. Und was mir da – auch unter meinen Religionskollegen – an Arroganz entegen geschlagen hat, war kaum noch zu überbieten. Einmal wurde ich so wütend, dass ich mir die Zeit nahm so ein Wir-kaufen-nix – Antwort – Email argumentativ auseinander zu nehmen und dem Absender um die Ohren zu hauen. Gekauft hat die Person zwar dann auch nix, macht aber kostenlos Werbung für mich … Trotzdem nett.

Neuer Aspekt in meinem Leben: Rituale auf Veranstaltungen organisieren. Meinem Drang lose Enden zusammenzuführen ausleben ...

Neuer Aspekt in meinem Leben: Rituale auf Veranstaltungen organisieren. Meinem Drang lose Enden zusammenzuführen ausleben …

Hach, ich war wirklich motiviert am Anfang! Nur mit den Betonklötzen in den Köpfen der Menschen habe ich nicht gerechnet. Ihr wisst ja, ich bin naiv. Eine Zeitschrift hat nicht mehr als neun Euro zu kosten und hat gefälligst thematisch-oberflächlich und künstlerisch für die Papiertonne zu sein.

Ja, schon …

… ABER NICHT WENN ICH SIE PRODUZIERE, VERDAMMT!!!

Rumschreien hilft auch nix. Befreit aber die Seele und schützt vor Magenkrebs. Auch ein Ding, das ich 2016 nicht geschafft habe:
Mein Produkt verkaufen. Mich selbstbewusst hinzustellen und einfach zu vermitteln was denn so cool und anders ist am Kessel im Gegensatz zu dem, was die Großverlage als Klopapier-Reklametafeln in die Kioske pupsen.

Ich hab mir das layouten beigebracht. Ein bisserl mit Hilfe von zwei Freunden.

Ich hab mir das layouten beigebracht. Ein bisserl mit Hilfe von zwei Freunden.

Und an der Stelle habe ich viel über das verkaufen gelernt. Und über mich und über meine Beziehung. Was das Eine mit dem Anderen zu tun hat? Um überzeugend zu sein, darfst Du keine Ambivalenzen in Dir tragen. Und ich war mir nicht sicher bei dem was ich tue. Meine Partnerin wusste das und wäre die Einzige gewesen auf deren Nein zum Projekt ich gehört hätte (ich hätte mich gebärdet wie ein wütender Aal aber ich hätte auf sie gehört). Sie wollte ja das ich das mache ABER.

Ich war blind vor Inspiration, hab eine aufs Maul gekriegt. Danke 2016!

Erwartungen

Im Mai mit den Kids in Graz die Druckerei besuchen und die neuen Kessels abholen.

Im Mai mit den Kids in Graz die Druckerei besuchen und die neuen Kessels abholen.

Die andere Sache ist die mit den Erwartungen, die auch ein Schlaglicht auf mein Jahr wirft. Meine Familie – bis auf zwei Leute, die selber Selbstständig sind – haben erwartet, dass ich von Anfang an Geld verdiene. Drei Jahre würde es dauern, bis man halbwegs von seiner Selbständigkeit leben kann – so eine Faustregel. Mir wurde schon im Juni der Pelz über die Ohren gezogen. Ich glaube kaum, dass mich in meinem Leben jemals etwas so verletzt hat. Nicht nur, dass meine Partnerin und ich kaum Unterstützung von unserer Verwandtschaft haben – aufgrund äußerer Umstände und guten Gründen freilich – aber dann wird man auch noch permanent hinterfragt. … und verunsichert. Wo ich mir doch gewünscht hätte, den Rücken gestärkt zu bekommen. Meine Erwartungen waren also auch nicht ohne.

Gleich vier Mal durfte ich mich 2016 verlieben. Drei Mal in Menschenfrauen - und in eine davon war ich schon mal verliebt.

Gleich vier Mal durfte ich mich 2016 verlieben. Drei Mal in Menschenfrauen – und in eine davon war ich schon mal verliebt.

Auch Erwartungen hatte meine Leserschaft:
Es ist ja normal, das man zwanzig Hexen nach ihrer Meinung fragt und vierzig Antworten bekommt die eine halbe Stunde später anders lauten. Ich bin ja selber so. Gar keine Antworten zu bekommen wurde dank Netflix und SocialMedia zu einem neuen Standard – nicht nur in meinen Kreisen. Wie aber soll man denn da die Quersumme der Meinungen berechnen und herausfinden was man als Wahrheit verkaufen soll?!

Wenn man die Wahrheit orakelt (wie ich es mit meinen zweihundert Fragebögen getan habe) und dann in Form einer Zeitschrift präsentiert, liegt man natürlich daneben. …als hätte man es mit einem Haus voller Katzen zu tun. Wie seltsam.

Scheitern: Wenn der Weg zu steil wird... soll man dann nachhause gehen?

Scheitern: Wenn der Weg zu steil wird… soll man dann nachhause gehen? Auf dem Bild ist eine Gedenktafel, die ich ach so zufällig nach Jahren in meinem Revier entdeckt habe.

Ich gebe zu, dass die Erwartungshaltung und die daraus resultierende Fallhöhe einer Zeitschrift die 15 Euro kostet enorm ist. Und ich habe mir bei der ersten Ausgabe auch ein paar Dinge vorzuwerfen. Aber wenn der Kessel nicht schon vor der ersten Ausgabe für eine tot war er es spätestens NACH der Ersten. Die stille Post in der Community hat da so gut funktioniert, wie sonst nur bei irgendeinem Beziehungsdrama. Die Einzigartigkeit des Projekts, die Tatsache, dass es die erste Ausgabe war und die Möglichkeit der Partizipation spielen da keine Rolle. Es kann ja nicht etwas besser werden, wenn das Erste schon nicht gut war. Es hat mir nicht die Erleuchtung gebracht, auf die ich schon so lange warte. Zu teuer. Das ist ein Problem für alle Medien:

Wenn da ein Verlag ist, der ein teures Buch herausbringt, dann MUSS es auch die Erleuchtung liefern und darf nicht um Autoren und Feedback betteln. Das Medium muss seiner Kundschaft liefern und sagen wo es lang geht! Das erwartet man sich eben.

Das Drum & Dance, das freie trommeln und tanzen im Europapark in Klagenfurt war im Sommer richtig episch!

Das Drum & Dance, das freie trommeln und tanzen im Europapark in Klagenfurt war im Sommer richtig episch!

Hätte ich gewusst, wie groß dieser Schuh ist – ich weiß nicht, ob ich mir den angezogen hätte. Hätte, hätte, Fahrradkette. Hätte ich doch die Herausgeberin einer berühmten Onlinezeitung dazu bewegen können mit mir zusammen zu arbeiten … Und ich kann vor der Leserschaft ja auch nicht als der arme kleine Jamesy mit den zwei Kindern auftreten. Der Kessel. Ist ein Verlag. Reklamiert eine Sonderstellung in der Gesellschaft.

Auch im Sommer: Mit Töchterlein zum ersten Mal am Jahrmarkt und Achterbahn fahren. Sohn war auch mit, aber der durfte nicht mit auf die wilde Maus.

Auch im Sommer: Mit Töchterlein zum ersten Mal am Jahrmarkt und Achterbahn fahren. Sohn war auch mit, aber der durfte nicht mit auf die wilde Maus.

Und trotzdem

Vor dem Hintergrund, dass es schwierig ist an Autoren zu kommen (ich zahle GELD für Beiträge!), der gesunden Grundskepsis in der Community vor Neuem und der Tatsache, dass man ohne fertiges Produkt vorzuzeigen wohl niemanden überzeugen kann irgendwo mitzumachen ist der Kessel trotzdem gut gestartet. Ein paar Mutige waren dabei die mir vertraut haben und denen danke ich hier nochmal. Ein paar Leute haben sich eingebracht und wow! Ich hab sie kennenlernen dürfen und das kann so ruhig weitergehen. Stell Dir vor Du arbeitest den ganzen Tag mit coolen Leuten zusammen!

Das letzte Viertel von 2016 war eine neuerliche Sinnsuche für mich. Meine Partnerin und ich sind unser Dramadreieck mehrfach abgeschritten und versuchen aus der Klause, die sich zwischen den Eckpunkten: Zeit für uns selbst, Zeit mit den Kids und Geld das dafür draufgeht, arbeiten gehen zu können, so etwas wie einen Plan zu schmieden, bei dem wir uns nicht gegenseitig auf die Füße treten.

Ich war 2016 auf mehreren Events. Nicht immer waren die Locations so hübsch wie hier auf der langen Nacht der Religionen in Berlin. Kids waren übrigens auch ein paar Mal mit. Und ich wäre fast am WGT gewesen. ... und am Mediaval. Aber nur fast.

Ich war 2016 mit dem Kessel auf mehreren Events. Nicht immer waren die Locations so hübsch wie hier auf der langen Nacht der Religionen in Berlin. Kids waren übrigens auch ein paar Mal mit. Und ich wäre fast am WGT gewesen. … und am Mediaval. Aber nur fast.

Aber jede neue Idee zerfällt durch die Verunsicherung gleich wieder zu Staub. Da ist kein Vertrauen in eine Zukunft. Das ist kein Impuls der stark genug ist, uns aus diesem dunklen Sumpf zu schieben. Daraus resultieren nicht nur schwache Verkaufsargumente, sondern auch die Möglichkeit Verantwortung gegenüber seine Abonnenten oder Sponsorinnen wahrzunehmen. Aber ich hab coole Ideen, wie es weitergehen könnte.

Einen RV-Target als Marketingtool. Die Verknüpfung aus Rätseln, Magie und Kundenbespaßung ist interessant. Vor allem, weil die Ergebnisse stimmen. Verkaufen tue ich deswegen nicht mehr. Aber muss das immer sein?

Ein RV-Target als Marketingtool. Die Verknüpfung aus Rätseln, Magie und Kundenbespaßung ist interessant. Vor allem, weil die Ergebnisse stimmen. Verkaufen tue ich deswegen nicht mehr. Aber muss das immer sein?

Eine der gesellschaftlichen Fragen, die mich 2016 beschäftigt haben war: Wer nimmt eigentlich noch irgendetwas ernst?

Eine der gesellschaftlichen Fragen, die mich 2016 beschäftigt haben war:
Wer nimmt eigentlich noch irgendetwas ernst?

Fazit

Was ich 2016 gelernte habe, ist eine Menge! Ich kann nun tolle Dinge in meinen Lebenslauf schreiben, für die ich natürlich keinerlei Nachweise habe 🙂 Ich lebe immer noch (was viele bekannte Künstler bekanntermaßen nicht mehr von sich behaupten können, weil sie 2016 gestorben sind)! Ich kann meine Miete bezahlen und bin noch immer verheiratet (und habe es auch vor zu bleiben). Meine Kids sind gesund und es gibt Texte für Kessel #4 von Leute die mehr Geduld mit mir haben als ich verdiene. Und es gibt da einen Freund, ohne den ich nicht da wäre wo ich jetzt bin (du weißt schon, Tschiip! Tschiiip!).
Will ich Selbstständig bleiben? JA, bitte!

Werde ich aufgeben? Niemals!
In dem Sinne, auf ein Besseres 2017;

Johann von Vielschaf

Was bleibt von 2016? Der Wille weiterzumachen, neue Pläne zu schmieden und mit Hirn und Vertrauen in die Tat umzusetzen.

Was bleibt von 2016?
Der Wille weiterzumachen, neue Pläne zu schmieden und mit Hirn und Vertrauen in die Tat umzusetzen.


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